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14.08.2018, Artificial Paradise? Immersion in Raum und Zeit

 Addie Wagenknecht, Asymmetric Love, 2013 Stahl, Überwachungskameras, DSL Internetkabel, Courtesy bitforms gallery: New York. Photo: David Payr

Addie Wagenknecht, Asymmetric Love, 2013
Stahl, Überwachungskameras, DSL Internetkabel, Courtesy bitforms gallery: New York. Photo: David Payr

Banz & Bowinkel, Ivana Bašić, Paul Chan, Frauke Dannert, Harun Farocki, Olga Fedorova, Johann Kniep, Marc Lee, Manuel Roßner, Gerriet K. Sharma, Jakob Kudsk Steensen, Addie Wagenknecht

Pressegespräch: 21.09.2018, 12:00

Eröffnung: 22.09.2018, 15:30

Kurator: Jürgen Dehm

in Kooperation 
steirischer herbst und Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien

Dank an: Danish Arts Council, Kopenhagen; Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung, Zürich; sonible GmbH, Graz

Rahmenprogramm
donnerstags, 18 Uhr

27.09. Vortrag, Richard Kriesche (Künstler, Medientheoretiker, Graz)
04.10. Vortrag, Jenny Nachtigall (Kunsthistorikerin, Akademie der Bildenden
Künste München)
11.10. Round table mit Gerriet K. Sharma (Künstler, Graz), Constantinos
Miltiadis (Theoretiker, TU Graz), Elisabeth Fiedler (Universalmuseum
Joanneum, Graz)
18.10. Vortrag, Christian Stiegler (Brunel University, London)
25.10. Katalogpräsentation Maja Vukoje
08.11. Filmscreening „Welt am Draht“ (Regie: Rainer Werner Fassbinder,
DE 1973)
15.11. Präsentation, Institut für elektronische Musik (TU Graz)
22.11. Performance, Marc Lee (Künstler, Zürich)
29.11. Vortrag, Sabine Flach (Kunsthistorikerin, Karl-Franzens-Universität Graz)

Im Herbst 2018 widmet sich das Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien dem Eintauchen in künstliche Welten. Mit einem Blick zurück nach vorn werden in „Artificial Paradise? Immersion in Zeit und Raum“ immersive Arbeiten von zwölf internationalen Künstler_innen aus den letzten Jahren mit eigens für die Ausstellung entstandenen Neuproduktionen zusammengeführt.

Das Eintauchen in ein Bild, in dessen Imaginationsraum, ist ein Anliegen, das sich in der Kunstgeschichte weit zurückverfolgen lässt. Aktuell sind es vor allem die neusten Technologien der Virtual Reality, die einen Eintritt in alternative Wirklichkeiten ermöglichen. Doch welche Aspekte sind für junge Kunstschaffende heute ausschlaggebend, sich mit Immersion auseinanderzusetzen? Wie sind die jüngst konzipierten artifiziellen Welten beschaffen? Und mit welchen künstlerischen Ansätzen schickten sich Künstler_innen in der jüngeren Vergangenheit an, die Grenze zwischen faktischer Wirklichkeit und dem virtuellen Raum zu überwinden?

Die Ausstellung nimmt insbesondere die Schwelle des Eintauchens in die künstlich erschaffenen Welten in den Blick. Während etwa die ältere Landschaftsmalerei vor allem eine imaginäre Teilhabe an illusionistisch-idealistischen Naturwelten bot, zielen die jüngsten Arbeiten in der Virtual Reality auf eine möglichst vollständige Absorption der Betrachter_innen ab. Buchstäblich vollzogen werden kann der Eintritt in artifizielle Umgebungen in Rauminstallationen oder Environments mit Sound. Auch die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Analogem und Digitalem sowie von immersivem Medieneinsatz und militärisch-politischen Strategien werden in der Ausstellung thematisiert.

Einen Verweis auf die lange Tradition der Immersion in der Kunst bilden auch die in „Artificial Paradise?“ gezeigten Lenikulardrucke. Der Kippeffekt dieser Linsenraster-bilder erzeugt bei einer Veränderung des Blickwinkels eine alternative Ansicht, täuscht so also auf planer Fläche Bewegung und Dreidimensionalität vor. Während Lenikularbilder malerische, zuvor als vermeintlich „geheime“ optische Effekte eingesetzte Anamorphosen weiterentwickeln, nehmen andere Arbeiten in „Artificial Paradise?“ Bezug auf die oftmals kaum bemerkbare Überwachung des Außenraums in Form digitaler Überwachungstechnik und den damit verbundenen Bildmedien.

Das Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien folgt mit dieser Ausstellung konsequent seiner Programmatik, widmet sich also dem zeitaktuellen Umgang mit Medientechnologien in der Kunst. Im Panorama künstlicher Welten der letzten Jahre sind die Schwellen des Übergangs in unterschiedlich starker Ausprägung nachvollziehbar. Doch vermag der an die Entwicklung der Technologie geknüpfte Fortschrittsglaube paradiesische Zustände herbeizuführen? Oder bergen die nahezu perfekten virtuellen Welten auch Verunsicherung und Erstarrung? Denn schon die Überhöhung des Schönen zum Erhabenen, wie es insbesondere an der romantischen Landschaftsmalerei festgemacht wurde, birgt durch seine Unerreichbarkeit bekanntlich auch Schrecken und Furcht. Und auch die Überlegungen zum „Uncanny Valley“ beruhen schließlich auf der Feststellung, dass künstlich erzeugte Körper und Figuren ab einem gewissen Grad an anthropomorpher Ähnlichkeit drastisch an Akzeptanz durch die Rezipient_innen verlieren.

„Artificial Paradise? Immersion in Zeit und Raum“ möchte zu Mutmaßungen und Spekulationen über zukünftige artifizielle Welten anregen. Damit stellt die Ausstellung letztlich auch die Frage, wie die künstlichen Paradise der Zukunft beschaffen sein könnten.