Die AICA Austria trauert um ihr langjähriges Mitglied – für einige Jahre auch Vorstandsmitglied – Angelica Bäumer, die am 18. Juli im Alter von 93 Jahren verstorben ist. Sie war allen durch ihr großes Engagement für die Art Brut und die Fotografie bekannt, für ihre monografischen Kataloge zu Erich Lessing oder „Kunst von Innen. Art Brut in Österreich“, aber auch als Präsidentin des Freundesvereins für das Künstlerhaus Wien und das Museum in Gugging. Ihre Monografien zu Margret Kohler-Heilingsetzer und Ulrike Truger, aber auch Leslie de Melo oder Johann Feilacher stehen damit in Zusammenhang. Daneben schrieb sie die Lebensgeschichte des bekannten Salzburger Galeristen Friedrich Welz und neben Publikationen zum Werk ihres Vaters, des Malers Eduard Bäumer, auch ihre Geschichte als Verfolgte des Naziregimes.
Angelica Bäumers Mutter Valerie stammte aus einer Wiener Fabrikantenfamilie und studierte, wie Vater Eduard an der Städelschule in Frankfurt, wo sie als ältestes von drei Kindern 1932 geboren wurde. Ab 1933 in Salzburg, wurde die Mutter als „Volljüdin“ verfolgt; ihre drei Kinder galten als „Mischlinge“, die keine Schule besuchen durften. Sie flüchteten nach Großarl und fanden Schutz am Pfarrhof des katholischen Priesters Balthasar Linsinger, der sie als aus der Stadt kommende Ausgebombte im Dorf ausgab. Angelica verrichtete schwere Feldarbeit, da die Familie ohne Lebensmittelkarten existieren musste; nach dem Krieg engagierte sie sich in Salzburg für die zurückgekehrten Kinder aus Konzentrationslagern und wollte nach Israel auswandern, bevor sie in Wien Musik, Kunstgeschichte und Architektur studierte.
Bäumer arbeitete ab 1971 für den ORF, Radio und Fernsehen, als Ministersekretärin in der Kunstsektion und war für die Biennalen von Sydney und Puerto Rico verantwortlich sowie in nationalen und internationalen Jurys tätig: so bekam VALIE EXPORT durch ihre Entscheidung den Alfred-Kubin-Preis zuerkannt. Bis zuletzt war sie unermüdlich als Autorin und Kunstpublizistin tätig, in den letzten Jahren auch für das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands.
Brigitte Borchhardt-Birbaumer